Digitale Rechtsantragstelle: Launch des „Wegweisers Kontopfändung“

Das Team „Digitale Rechtsantragstelle“ hat einen Onlinedienst im Bereich Zwangs­vollstreckung auf der Website service.justiz.de gelauncht. Der digitale „Wegweiser“ richtet sich an verschuldete Bürger:innen, deren Konto gepfändet wurde. 

Über den Wegweiser erhalten Betroffene mittels eines geführten Abfragedialogs personalisierte Informationen und Handlungs­empfehlungen für die jeweilige Situation – z. B. zur Einrichtung eines Pfändungs­schutzkontos (P-Konto) oder Möglichkeiten zur Anhebung des pfändungsfreien Sockelbetrags. Alle Informationen sind dabei in bürgernaher Sprache aufbereitet.

Für die Anhebung des gesetzlich vorgesehenen Schutzbetrags auf dem P-Konto gibt es verschiedene mögliche Gründe – z. B. Unterhaltszahlungen, medizinische Versorgung, Kosten für Erwerbstätigkeit oder Schonbeträge von Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld. Oftmals kennen verschuldete Personen diese nicht oder wissen nicht, unter welchen Voraussetzungen sie gelten und wie sie diese durchsetzen können. Der Wegweiser unterstützt dabei, die passende Bescheinigung je Grund für die Erhöhung des Sockel­betrags zu finden und zeigt, wie und wo man sich diese bescheinigen lassen kann. 

Denn im Bereich Kontopfändung gibt es je nach Fall unterschiedliche Anlaufstellen, was es für Bürger:innen in einer ohnehin schwierigen Situation oft erschwert, ihr Problem zu lösen. Der Onlinedienst zeigt ihnen ganz konkret, welche Rechte sie haben und wie sie ihre Existenz sichern können. Wenn Bürger:innen dann informierter und vorbereiteter beim Amtsgericht erscheinen, kann das auch die Arbeitsbelastung der Justizmitarbeitenden verringern.

Die Entwicklung des Onlinedienstes haben wir mit einer Recherchephase zum Thema Zwangsvollstreckung aus der Perspektive von Schuldner:innen im August und September 2024 begonnen. Den Wegweiser und die Informationsseiten haben wir dann in enger Zusammenarbeit mit dem zuständigen Fachreferat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und einer Expert:innen-Gruppe bestehend aus Rechtspfleger:innen unserer Pilotgerichte entwickelt. Außerdem sind wir in engem Austausch mit Vertreter:innen von Schuldnerberatungen, die uns u.a. ermöglichen, den Onlinedienst mit verschuldeten Personen zu testen.

Eine Haupterkenntnis aus der Recherche war, dass Schuldner:innen ihre Rechte oft nicht kennen und nicht wissen, welche Entlastungen sie im Rahmen des Zwangsvollstreckungsschutzes beantragen können. Das Thema Schulden ist zudem stark schambehaftet. Schuldner:innen bleiben oft untätig, bis sie das Problem nicht mehr ignorieren können. Häufig werden sie erst im Moment der Kontopfändung aktiv. Hier wollen wir mit unserem Onlinedienst ansetzen. Außerdem hoffen wir, dass ein niedrigschwelliges Online-Angebot Schuldner:innen dabei helfen kann, früher tätig zu werden. Ziel ist es, dass durch den Wegweiser besser vorbereitete Antragsstellende ins Gericht kommen – und nur noch in den Fällen, in denen dies wirklich notwendig ist. 

In einem nächsten Schritt wollen wir konkrete Anträge im Bereich Kontopfändung digitalisieren, die auch länderübergreifend genutzt werden können. Da es keine bundeseinheitlichen Formulare für Schuldner:innen gibt, ist es für Gerichte zeitintensiv, die nicht standardisierten Anträge auf­zunehmen und Orientierungshilfe für Schuldner:innen zu leisten. Die Anträge können formlos gestellt werden, bestimmte Informationen sind aber immer wieder relevant. Zu den Anträgen zählen:

  • „Erhöhung des unpfändbaren Betrags“ (§ 906 der Zivilprozessordnung) bei der Kontopfändung,
  • und das Pendant „Erhöhung des Pfändungsfreibetrags“ (§ 850f Abs. 1 der Zivilprozessordnung) bei der Einkommenspfändung.

Diese werden an den Gerichten häufig gestellt und haben laut unserer Pilotgerichte ein hohes Potenzial für eine Digitalisierung. 

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